Wieso haben Sie sich damals für Ihr Studienfach entschieden?
Während meines Erststudiums haben mich historische Sprachstufen sowie Handschriftenkunde besonders interessiert. Das Fach Latein hat mir bereits in der Schule viel Spass bereitet, weswegen ich mich dazu entschieden habe, mein Wissen in diesem Bereich zu vertiefen und so noch stärker in die Bereiche Sprachgeschichte und Handschriften eintauchen zu können. Die Vorstellung eines Studiums der Antike, ihrer Sprachen und Literatur hat mich begeistert und motiviert, weswegen ich mich für die Klassische Philologie entschieden habe.
An welchen Stellen haben sich die Erwartungen an Ihr Studienfach erfüllt, an welchen nicht?
Meine Erwartungen haben sich vor allem darin erfüllt, dass ich einen vielseitigen Zugang zur antiken Literatur erhalten habe sowie einen differenzierten Blick auf ihre Sprache und Kontexte. Ein Bereich, in dem meine Erwartungen sogar übertroffen wurden, ist die Gemeinschaft unseres Seminars: Es herrscht ein reger Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden sowie eine Offenheit gegenüber studentischen Ideen und Anregungen. Auch wird man individuell im Lernprozess unterstützt und gut beraten. Nicht vollständig erfüllt hat sich dagegen meine persönliche Erwartung, dass ich nach einem länger zurückliegenden Latinum sofort wieder „drin“ bin. Ich musste feststellen, dass es Zeit braucht, um Sicherheit in Grammatik, Wortschatz und Übersetzungstechnik zu gewinnen. Das ist allerdings keine Enttäuschung, sondern eine wertvolle Erfahrung: Man darf und sollte sich Zeit geben, die eigenen Kompetenzen wieder aufzubauen und sich an das hohe, aber gewinnbringende Arbeitspensum zu gewöhnen.
Was macht Ihnen in Ihrem Fach am meisten Spaß?
Mir macht es viel Spaß, eigene Forschungsfragen zu den behandelten Texten zu entwickeln und im Seminar zu diskutieren. Besonders faszinierend finde ich, wie aktuell und relevant die antike Literatur in der heutigen Zeit ist. Gerade durch moderne Rezeption antiker Literatur wird für mich spürbar, wie wandelbar die Stoffe sind und wie neue Perspektiven auf antike Mythen entstehen können. Die Detailarbeit an den Texten begeistert mich ebenfalls sehr: Man entdeckt immer wieder neue sprachliche und stilistische Feinheiten, welche die Texte vielschichtig machen. Gerade beim Übersetzen wird das besonders deutlich – der Text ist dann wie ein Rätsel, das man Stück für Stück entschlüsselt, um der antiken Welt ein Stück näher zu kommen. Auch die Analyse der Überlieferungsgeschichte antiker Texte fasziniert mich sowie die Technik, aus Handschriften- oder Papyrifunden Texte für heutige LeserInnen aufzubereiten und den ursprünglichen Wortlaut wiederherzustellen.
Was war bisher die größte Herausforderung?
Die grösste Herausforderung war es, sich zu Beginn des Studiums in der Sprache wieder zurechtzufinden, da mein Latinum bereits einige Jahre in der Vergangenheit lag. Mit Übung und Durchhaltevermögen wird es aber schnell besser, und die Unterstützungsangebote unseres Seminars sind sehr hilfreich, gerade in der Anfangsphase des Studiums.
Was wollen Sie einmal damit werden?
Am liebsten wäre ich später in der akademischen Forschung und Lehre tätig, aber auch die Lehrtätigkeit an der Schule könnte ich mir gut als Beruf vorstellen. In beiden Fällen dürfte ich dem nachgehen, was mir am meisten Freude bereitet: Mit Menschen zu arbeiten und die Themen meiner Fächer zu vermitteln. Für meine Zukunft wünsche ich mir, meine Passion für die Klassische Philologie sowohl an Lernende heranzutragen als auch mit ihr in der Forschung interdisziplinär aktiv sein zu dürfen und diese voranzutreiben – zum einen, um das Verständnis der Vergangenheit der Sprache und Literatur zu vertiefen, zum anderen, um die Bedeutung dessen für die Gegenwart und Zukunft zu vermitteln.
Welche Tipps geben Sie den Leuten, die auch überlegen, Ihr Fach zu studieren?
Es ist am Anfang völlig normal, dass man viele Vokabeln nachschlagen muss und die Texte nicht sofort versteht – das legt sich, aber es braucht Geduld und Übung. Gebt euch also selbst Zeit, euch in das Studium einzufinden und Routinen zu entwickeln. Habt auch keine Angst davor, Fragen zu stellen oder um Unterstützung zu bitten: Mit unseren StudienberaterInnen, den Tutorien und der Fachschaft gibt es viele Anlaufstellen, die euch beratend unterstützen. Die Klassische Philologie ist ein Fach, das viel Zeit fordert: Mit guter Organisation ist es aber machbar, und das Erfolgserlebnis ist umso grösser, wenn man merkt, wie man Fortschritte macht. Und ein letzter Tipp: Je öfter ihr antike Texte lest, desto schneller findet ihr euch nicht nur in der Sprache, sondern auch in den Kontexten zurecht. So findet ihr auch schneller heraus, was euch an der Antike begeistert – diese Begeisterung wird euer Antrieb sein, der euch auch durch anspruchsvollere Phasen im Studium trägt.